In der Gruppenausstellung BAYWATCH werden Künstlerinnen und Künstler vorgestellt, deren Herkunft, kulturelle und sprachliche Prägungen in Osteuropa liegen. Diese erste Ausstellung des 2018 neu gegründeten Kunstvereins Ost – kurz KVOST – steht somit exemplarisch für das zukünftige Programm des Vereins: Ausstellungen, Diskussionen und ein Artist in Residence-Programm fördern die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen ästhetischen und politischen Positionen und reflektieren, was „Osten“ heute jenseits von Klischees und Fremdzuschreibungen bedeuten kann. Die ausgestellten Werke sind das Ergebnis von kritischen Beobachtungen, Analysen und Einschätzungen des östlichen Europas, sie erfassen aktuelle Strömungen, Notlagen und Gefahren und zeigen den Facettenreichtum dieser Region.
Die Konstruktion nationaler Identität ist fest verankert in geschichtlicher Mythologie, in Legenden und Objekten. Hierzu gehören etwa für Bulgarien die aus verschiedenen Jahrhunderten stammenden Goldschätze, die den Thrakern zugeschrieben werden und die seit Jahrtausenden bestehende hohe Zivilisation und Kultur der Region belegen. Martina Vacheva (*1988 Bulgarien) hat einen solchen Goldschatz als Ausgangspunkt für eine Reihe von humorvollen Keramikarbeiten genommen, die in der Ausstellung gezeigt werden.
Von einem ihrer frühen Skizzenbücher stammt auch der Titel der Ausstellung, BAYWATCH. Er reflektiert zugleich den großen Einfluss, den amerikanische Fernsehserien zu Beginn der 1990er Jahre auf die Gesellschaften hatten, die gerade aus der sozialistischen Zensur entlassen worden waren. Die Serien vermittelten Werte, Ideale, Hoffnungen und Abgründe der westlichen Lebensweise.
Dragos Alexandrescu (*1974 Rumänien) verknüpft in seiner Videoarbeit Exercising Failure drei der zentralen Ideologien und Gedankengebäude zwischen denen sich die Geschichte Europas entfaltet hat. Das „Manifest der kommunistischen Partei“ aus dem Jahre 1848 von Karl Marx und Friedrich Engels, die Bibel und das Plädoyer für die Vorteile der kapitalistischen Wirtschaftsweise „Capitalism and the Historians“, herausgegeben 1954 vom Nobelpreisträger für Wirtschaft Friedrich Hayek. Das Strickwerk aus diesen drei Lehrgebäuden wird in einer leerstehenden Fabrik produziert als Sinnbild für den tatsächlichen Wandel beim Wechsel von der sozialistischen Planwirtschaft zur freien Marktwirtschaft.
Dieser geschichtliche und soziale Wandel ist auch der Hintergrund für die Serie der Sexy History Calendar, die Bogdan Armanu & Silvia Amancei (*1991 Rumänien) seit 2014 realisiert haben. In den Kalendern dokumentieren die beiden Künstler aktuelle Veränderungen und historische Ereignisse aus der sozialistischen Zeit mit schwarzweiß Fotografien, die mit Aufnahmen leicht bekleideter junger Männer und Frauen collagiert werden. Für die Ausstellung im KVOST sind die beiden Künstler eingeladen, in Berlin einen neuen Kalender zu produzieren.
Die künstlerischen Positionen und Intentionen in der Ausstellung sind vielfältiger, subjektiver und divergenter als es die bis in die 1990er-Jahre hinein gemeinsam geteilte Geschichte der Länder Osteuropas mit der Zugehörigkeit zum Warschauer Pakt und den kommunistisch sozialistischen Partei-Diktaturen vermuten ließe. Auch die vergleichbaren Herausforderungen der Gegenwart, wie die Regulierung der Folgen des wilden Kapitalismus, der Aufbau einer bürgerlichen Demokratie und der Umgang mit der extremen nationalistischen Rechten, sollen den Blick auf die Unterschiede und die Vielfalt lenken, die Osteuropa heute auszeichnet.
Ausstellungsdaten KVOST
KünstlerInnen: Mit Dragos Alexandrescu, Silvia Amancei & Bogdan Armanu, Tamar Chaduneli, Levan Chelidze, EQUALS Collective (initiated and led by Andreja Kulunčić the other members wish to remain anonymous), Daniil Galkin, Karol Radziszewski und Martina Vacheva.
Titel: BAYWATCH
Kuratiert von Nathalie Hoyos und Rainald Schumacher
Eröffnung: Mittwoch, den 25. April 2018 um 19 – 21 Uhr
Ausstellungszeitraum: 26. April bis 28. Juli 2018
Ort: KVOST . Leipziger Str 47 / Jerusalemer Str . 10117 Berlin
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag 14 Uhr bis 18 Uhr
Kontakt: Telefon +49. 30 288 75 888 . post@kvost.de